Das Klausenbuch

«Eine Dokumentation, die aus der Masse der touristischen Bilderbücher herausragt …»

Verkehrswege bewegen: Sie prägen die Siedlungsentwicklung, haben Einfluss auf die Wirtschaft und spiegeln die Kulturgeschichte wider. Verkehrswege sind aber auch permanenten Modernisierungsmassnahmen unterworfen. Ihr ursprünglicher Zustand lässt sich aufgrund der steigenden Anforderungen an Transportkapazitäten und Verkehrssicherheit kaum konservieren. Umso wichtiger ist ihre Dokumentation.

Das Forschungsprojekt zeichnet die historischen Etappen der Erschließung des Klausenpasses, der 46 km und 1948 m ü.M. überwindenden Verbindung zwischen den Kantonen Uri und Glarus, seit dem Mittelalter nach. «Saumpfad – Lini – Speedway» widmet sich dabei auch einigen in Vergessenheit geratenen Bauphasen, etwa der Schächentalstraße, dem Dammweg auf dem Urnerboden, einem visionären Trambahnprojekt oder der im Zweiten Weltkrieg ergänzten Militärstraße.

Im Unterschied zu den anderen vier Urner Alpenpassstraßen führt die im Jahr 1900 eröffnete Klausenstraße weitgehend durch besiedeltes Gebiet und erschließt dabei auch die größte Alp der Schweiz, den Urnerboden. Die Anforderungen an einen Verkehrsweg der Urner Alpwirtschaft, der Glarner Textilindustrie und der Touristen konnten um 1900 kaum unterschiedlicher sein. Heute hat die Urbanisierung die Bedürfnisse der Passstraßennutzer nivelliert. Die Älpler erreichen selbst periphere Heuställe motorisiert, Touristen passieren den Klausen unter ohrenbetäubender Lärmemissionen in immer höherer Geschwindigkeit und Rennradfahrer nehmen die Passhöhe als sportliche Herausforderung.

Die Schönheit der Landschaft inspirierte viele Fotografen, unter anderem Michael Aschwanden (1865–1940). Die umfangreiche fotografische Dokumentation der Klausenstraße bereichert die kulturhistorischen Quellenstudien. Dies führte zur Idee, ein Buch mit zwei Erzählebenen zu publizieren. In einer Gegenüberstellung der historischen Fotografien mit der heutigen Situation zeigen die Bilder ihre eigene Klausenpassgeschichte auf. Fotografien und Texte treten in einen inspirierenden Diskurs. Die Bilder liefern Themen, die Textpassagen Orte. Der Urner Fotograf F. X. Brun wurde für seinen Beitrag rund um die markante «Lini» der Klausenstraße mit einem Heinrich-Danioth-Projektpreis ausgezeichnet.

→ Blick ins Buch

___

Marion Sauter, Saumpfad – Lini – Speedway. Die Erschließung des Klausenpasses, Emmenbrücke 2016 (mit F. X. Brun (Fotografie) und Marc Philipp / l‘ équipe visuelle (Grafik)), Hardcover, 216 Seiten, 222 (Farb-) Abbildungen und Zeichnungen

Das Klausenbuch ist für 69 CHF (+Versandspesen) über info@marionsauter.ch erhältlich.

___

 

Marion Sauter, Über Stock, Stein und Asphalt, in: 041 Das Kulturmagazin 4/2015, S. 14–18
→ 041 Kulturmagazin 4/2015

___

«Vom Wandel und Handel der Klausenstrasse»
→ Urner Wochenblatt 5.11.2016

«Für das Vieh waren es Umwege»
→ Neue Urner Zeitung 18.11.2016

«Ein gutes Bild entsteht zuerst im Kopf»
→ Zentralschweiz am Sonntag 27.11.2016

«Neues Buch ermöglicht faszinierende Zeitreise»
→ Neue Urner Zeitung 28.11.2016

«Staunen über die Zeugen der eigenen Verkehrsgeschichte»
→ Urner Wochenblatt 30.11.2016

«Ein Pass für die Massen»
→ Südostschweiz 30.11.2016

«Hoch hinaus»
→ Heimatschutz 1/2017

___

→ Fachportal für Geisteswissenschaften der Schweiz (infoclio.ch)

Der Hochweg von Attinghausen

Der Alpenraum wird von Passwegen, vor allem von der Gotthardroute geprägt. Ihre Streckenführung bestimmt seit jeher die Siedlungsentwicklung. In der Reussebene reihten sich am linken Ufer der Reuss einst das Seedorfer Lazariterhaus, mehrere mittelalterliche Wohntürme und die Burg Attinghausen. Außerdem zweigt hier der Surenenpassweg in Richtung Engelberg ab. Die Fahrstraße wird jedoch zwischen Attinghausen und Erstfeld durch das Bockitoblel unterbrochen – die heutige Gotthardstraße und die Eisenbahn liegen auf der anderen Seite der Reuss.

Ein Grund, die ehemalige (früh-) mittelalterliche Streckenführung näher zu untersuchen: Das Bockitobel wurde einst mithilfe des Hochwegs von Attinghausen gequert, einer ausgesetzten, in den Fels gehauenen Passage. Der Hochweg zeigt eindrucksvoll die bescheidenen Anforderungen an den Ausbaustandard (früh-) mittelalterlicher Verkehrswege – ebenso wie das Pendant auf der anderen Talseite, der Brandtritt ob der Rinächtflue.

Beide Passagen umgehen die einst sumpfige Reussebene und sind nicht befahrbar. Sie wurden im Rahmen des Ausbaus der Gotthardroute im ausgehenden Mittelalter allmählich abgelöst, lokal jedoch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein frequentiert. In der Geschichtsforschung sind der Hochweg und der Brandtritt nahezu in Vergessenheit geraten – zu sehr ist die Betrachtung von heutigen Standards geprägt, zu oft werden die mittelalterlichen Verkehrsströme über den Gotthard überhöht.
___

Marion Sauter, Der Hochweg von Attinghausen – Auf den Spuren einer historischen Passage, in: Via Storia 1/2011, S. 19–25