Dammweg Urnerboden

Die wichtigste Grundlage zur Rekonstruktion historischer Verkehrswege bildet in der Schweiz die seit 1870 in unzähligen (Neu-) Auflagen veröffentlichte Siegfriedkarte. Umso größer war die Überraschung, als offensichtlich wurde, wie sehr die Siegfriedkarte auf der Alp Urnerboden von der Realität abweicht (Bl. Linthal, 1877ff.).

Anders als auf der Siegfriedkarte dargestellt, wurde der sumpfige Talkessel der größten Schweizer Alp über einen akkurat gefassten Dammweg erschlossen. Die Streckenführung dürfte dem seit 1437 dokumentierten Prozessionsweg entsprechen: Der Dammweg zog sich geradlinig an der nördlichen Talflanke entlang und war bis zum Ausbau der «Schächentalstraße» in der Mitte des 19. Jahrhunderts das aufwendigste Teilstück des gesamten Saumpfads über den Klausenpass – entsprechend den Gefahren, die von den ausgedehnten Moorflächen des Urnerbodens ausgingen. Erst eine aufwendige Entwässerung machte in den Jahren 1893 bis 1899 den Bau der Klausenstraße quer über den Urnerboden möglich. In der Folge reduzierten sich auch die Moorflächen erheblich.

Die Klausenstraßenbauer nutzten das massive Trassee des Dammwegs als Materialgrube. 1940 planierte ein verheerender Lawinenabgang ein weiteres Teilstück. Die verbliebenen Teilstücke dieses eindrucksvollen historischen Verkehrswegs gerieten in Vergessenheit.
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Dokumentation: Marion Sauter und Christian Auf der Maur, ProSpect GmbH, Aarau
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Marion Sauter, Der Dammweg auf dem Urnerboden – ein IVS-Update, in: Via Storia 1/2014, S. 18–25 (mit Christian Auf der Maur)
Marion Sauter, Saumpfad – Lini – Speedway. Die Erschließung des Klausenpasses, 2016 (mit FX. Brun (Fotografie) und Marc Philipp / l‘ équipe visuelle (Grafik))